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Überraschender Besuch.

Geschichten mitten aus dem Leben

                           
 Foto: Anja Drechsler

Es ist Februar. So langsam schlägt einem diese Jahreszeit auf’s Gemüt. Wem eigentlich nicht!? Es ist seit Wochen, ja Monaten dunkel. Morgens beim Aufstehen, tagsüber, weil der Himmel wolkenverhangen ist. Es regnet, hagelt, es ist windig und kalt und am Spätnachmittag ist auch schon wieder finster. Die Sonne - meistens Fehlanzeige. So langsam reicht es. Zugegeben: So ist es halt im Winter, normal halt, wie jedes Jahr eben, da gab es schon schlimmere Winter – doch so langsam könnte der Frühling schon kommen.

Heute ist es doch tatsächlich mal nicht nur dunkel. Ja, es soll bald wieder regnen, aber die Sonne hat sich durch die Wolken gemogelt und ich freue mich, dass ich nicht, wie sonst immer, im Dunklen fahren muss. Nein, die Sonne blendet stellenweise sogar, beim Autofahren eher suboptimal, aber ich will mal nicht meckern.

 

Das Außen-Thermometer meines Pkw sagt 8 Grad. Da kann man für den Anfang schonmal mit leben, finde ich.  Es ist Mittagszeit und ich komme gerade von der Arbeit, biege in unsere Straße ein und sehe schon von Weitem: Irgendwas ist hier anders vor meiner Haustür. Ich komme näher. Da bewegt sich etwas. Da bewegt sich sogar ganz viel. Ich versuche genauer hinzuschauen, habe eine Vorahnung, aber kann das denn sein? Ist doch Winter! Trotzdem freue ich mich schon leise auf das, was sich gleich bestätigen soll.Ich parke also meinen Wagen, steige aus und nähere mich ganz vorsichtig meiner Haustür. Damit der Eingang nicht so kahl aussieht, habe ich dort im Dezember schon einen großen Blumentopf mit Hyazinthen-Zwiebeln hingestellt. O.K. Blüten kann man im Dezember nicht erwarten, aber es war schon ein bisschen Grün zu sehen und ich hatte die Hoffnung, dass der Frost mir die Blümchen nicht kaputt macht und ich nun mit ansehen darf, dass aus den Hyazinthen-Zwiebeln langsam schöne Blüten wachsen. Und tatsächlich: Es hat funktioniert!

Ich schaue also auf meine Blumen und kann es kaum fassen: Ich habe überraschend Besuch bekommen! Echt jetzt? So unangekündigt! Und das Mitte Februar? Kann das denn schon sein? Der Hyazinthen-Duft steigt mir in die Nase. Den haben offensichtlich auch andere gerochen. Hat das vorher eigentlich auch schon so geduftet. Ist mir nicht aufgefallen. Heute rieche ich den Blumenduft aber ganz intensiv. Vorsichtig schleiche ich näher zur Haustür. Ich möchte niemanden verjagen. Zu meinem Erstaunen sehe ich viele Bienen, die sich, genauso wie ich, über meine Blumen freuen. Es sind nicht nur ein paar Bienen, nein, eine ganze Menge Bienen tummeln sich in den Blütenkelchen und um den Blumentopf herum.

„Ja – endlich - es ist soweit“, denke ich bei mir. „Die Bienen können sich doch nicht soooo vertun, oder!? Bestimmt kommt der Frühling jetzt bald, wenn die Bienen sich schon raustrauen …“ Ich bin kein Biologe und vielleicht war das sonst auch schon immer so, also eigentlich ganz normal, aber egal. Es fällt mir halt gerade so auf und die Vorfreude ist groß. Es wird jetzt bald heller, wärmer, bunter… Der „Winterschlaf“ hat ein Ende und der Frühling beginnt bald. Ganz bestimmt. Schon bald kann man sich wieder länger draußen im Freien aufhalten, ohne zu frieren. Der Tag ist nicht mehr so kurz und eintönig. Die Natur erwacht, ob Pflanze oder Tier. Jetzt dauert es nicht mehr lang. Da bin ich mir sicher.

„Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104, 24)

„Der Herr hat alles weise geordnet.“ Alles hat seine Zeit: In einer Regelmäßigkeit wechseln sich Frühling, Sommer, Herbst und Winter ab. Alles ist gut durchdacht. Jede Jahreszeit hat seine Daseinsberechtigung und wird für den Kreislauf des Lebens benötigt – auch Kälte und Wärme und Licht und Finsternis. Vieles bedingt einander und ist gut aufeinander abgestimmt. Das ist doch beeindruckend und schön. Viele Pflanzen benötigen den Kältereiz im Winter, um im Frühling dann auszutreiben, zu wachsen, den Tieren Nahrung zu spenden, den Menschen saubere Luft zum Atmen zu geben. Es gibt unzählige Beispiele … Nur schade, dass der Mensch dies leider viel zu oft nicht (an)erkennt und auch noch durcheinanderbringt.

Ja, es ist ganz normal: Auf den Winter folgt der Frühling, mal früher, mal später. Doch auf Gott ist Verlass.

 

Anja Drechsler