Guck mal, Papa!

Geschichten mitten aus dem Leben

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„Guck mal, Papa – ist das schön bunt …!?“

Es ist kurz vor Ostern. Frühlingszeit also. Noch ist nicht alles in der Natur erwacht. Und um der Farbenpracht des Frühlings ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, wollen der Hausmeister und ich das Außengelände unserer Segenskirche ein wenig ansprechend gestalten und Farbakzente setzen und mit bunten Ostereiern aufhübschen. Außerdem möchten wir würdigen, dass so viele fleißige Hände bei der Gestaltung der Dekoration im letzten Jahr mitgeholfen haben.

Im vergangenen Corona-Jahr, als wir leider keine Gottesdienste feiern durften, gab es anstelle der Gottesdienste eine Oster-Aktion draußen vor der Segenskirche. Trotz Corona wollten wir für die Menschen da sein und das auch zeigen. Wir selbst haben viele bunte Ostereier-Anhänger gebastelt und auch verteilt und dazu aufgefordert, selbst auch Ostereier in jeglicher Form zu basteln und sie an das Osterkreuz oder in die Osterbäume vor der Segenskirche zu hängen, versehen mit guten Wünschen, Hoffnungen, Gebeten oder mit dem, was einem gerade auf dem Herzen liegt.

Dieser Aufforderung sind dann viele Leute gefolgt. Die Menschen in Eving waren wirklich sehr kreativ und fleißig und Ostern war unser Kirchplatz dann wunderschön anzusehen – bunt eben.

 Selbstverständlich haben wir all diese Oster-Anhänger aufbewahrt und die sollen nun in diesem Jahr wieder zu bewundern sein.

Wir gehen also vor die Kirche und beginnen die Hecken und Sträucher zu schmücken. Es ist schönes Wetter. Die Sonne scheint, es ist sogar warm und während wir so die einzelnen Fäden der Oster-Anhänger über die Zweige hängen, fängt der Hausmeister sogar an, ein Liedchen zu singen. Diese Arbeit macht uns offensichtlich beiden Spaß und ich sage:

„Das ist doch wirklich toll. Herrliches Wetter – mal nicht im Büro sitzen, sondern draußen an der frischen Luft sein. Bei der Arbeit mal nicht nach- oder mitdenken zu müssen. Und dabei noch was für die Gemeinde tun. Richtig schön.“

„Also mich fordert das hier doch schon ganz schön …“ bekomme ich augenzwinkernd zur Antwort und wir lachen beide. So unterschiedlich kann die Sichtweise sein. Wer das Kirchengelände kennt, der weíß, wie groß das Grundstück ist und es braucht schon ein bisschen Zeit, die Oster-Anhänger schön angeordnet und ausgewogen in die Hecken und Sträucher zu verteilen.

Während ich von innen an der Hecke zugange bin, geht ein Vater mit seinem Kind außen an der Hecke vorbei, die schon geschmückt ist. Es sieht so aus, als kämen die beiden gerade vom Kindergarten und ich höre auf der anderen Seite der Hecke, wie das kleine Kind aufgeregt seinem Vater zuruft:

„Guck mal, Papa – ist das schön bunt!?“

„Ja, das sieht wirklich schön aus, da hast du recht.“

Das Kind zeigt auf uns und fragt den Vater: „Warum machen die das?“

„Ich nehme an, weil die sich auf Ostern freuen.“ antwortet der Vater. Kurze Pause. Dann … „Ich freu mich auch auf Ostern! – Ich will das auch! Papa, können wir das zu Hause auch machen!?“ „Was machen?“

Etwas quengelig und fordernd kommt die Antwort: „Na, ich will auch so einen bunten Ostereier-Baum. Machen wir das auch?“

„Ja, das bekommen wir wohl hin.“ Und schon sind die beiden um die Ecke und außer Hör- und Sichtweite. Insgeheim freue ich mich, grinse sogar ein bisschen und setze meine Arbeit fort.

Im weiteren Verlauf kommt eine Dame des Weges, die einen Kinderwagen vor sich herschiebt. Sie bleibt plötzlich stehen und spricht uns an:

„Ach, das sieht ja wieder toll aus! Machen Sie das wieder, wie im letzten Jahr? Darf man wieder Ostereier bemalen oder bekleben und hier wieder aufhängen?“ fragt sie mich.

Ich freue mich und antworte ihr, dass sie natürlich sehr gerne wieder Ostereier aufhängen darf, wenn sie möchte. Wir würden uns sehr darüber freuen.

„Och ja, da werden wir uns auf jeden Fall wieder dran beteiligen. Sieht doch auch schön bunt aus und man kann sich auf Ostern freuen. Und man hat zum Basteln mal alle gemeinsam an einem Tisch. Dann wünsche ich noch frohes Schaffen. Bis bald.“, sagt sie noch und setzt ihren Weg fort.

Unser Hausmeister breitet die Arme aus, dreht sich ein wenig, schaut sich den Kirchenvorplatz nochmal an und sagt dann schon ein bisschen stolz: „Da weiß man doch, wofür man das hier alles macht. Das macht doch richtig Spaß und Freude, auch anderen eine Freude zu machen. Und ist doch wirklich schön geworden.“

Ja, ich kann ihm da nur zustimmen. Allein diese beiden kleinen Begebenheiten haben doch gezeigt, dass nicht alles, was man tut, vergebens ist und wir auch mit kleinen Dingen Freude bringen und manchmal auch Dinge anstoßen können. Ist es nicht wunderbar, Wertschätzung zu erfahren!? Ja - das ist es schon wert.

Als wir fertig sind, betrachten wir beide noch einmal unser Werk und gehen zufrieden über den Kirchenvorplatz zurück in die Segenskirche.

 …

Aber leider:

Während ich diesen Text verfasse, erreicht mich die Mitteilung, dass schon am Folgetag fast alle Oster-Anhänger der Außenhecke offenbar mutwillig abgerissen, zerstört und achtlos auf den Gehsteig geworfen worden sind. Leider gibt es Menschen, die Dinge nicht zu schätzen wissen, keinen Respekt vor anderer Leute Eigentum oder Arbeit haben und ihre Zeit sinnlos für Vandalismus bzw. Zerstörung einsetzen, statt sie sinnvoll zu nutzen. Was sie dazu bewegt, bleibt fraglich. Vielleicht haben sie es auch nie gelernt. Man weiß es nicht. Das ist sehr schade, enttäuschend und auch ärgerlich. Aber …

Haben wir uns nun die Mühe völlig umsonst gemacht?

Aber nein - denn sonst hätten wir das, was ich im Vorfeld geschildert habe, nicht erlebt. Und auch im Kleinen haben wir doch für ein bisschen Freude und Vorfreude gesorgt …

Anja Drechsler