Kurzpredigt März 2025
„Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.“ 3. Mose 19,33
Das ist ein altes Wort und aus der Sicht Gottes eine verpflichtende Wahrheit, die alle in Israel anging und angeht. Sie erfolgt mit der geschichtlichen Erinnerung, wie wir sie im 2. Buch Mose finden: „denn ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen“ (2. Mose 22,20). Diese Last der Sklaverei in Ägypten konnte Israel nie vergessen; denn die Fremdheit im Land des Pharaos hatte harte Konsequenzen für alle Generationen Israels. Hätte Gott es nicht auf unvorstellbare wunderbare Weise – Wunder über Wunder! – befreit, wäre die Existenz Israel wohl dahin gewesen.
Diese Einwirkung Gottes hat Israel nie vergessen und sollte darum im Umgang mit Nicht-Israeliten verpflichten. So ist diese Weisung Gottes innerhalb der Verhaltensregeln und sittlichen Gesetze für das Leben des Volkes Israel im 2. und 3. Buch Mose aufgenommen;
denn der Fremde, heute der Migrant, ist ein Geschöpf Gottes. Ihm darf die Würde und das Lebensrecht nicht versagt werden. Gott will auch für ihn ein freies sinnvolles Leben in seiner großartigen Schöpfung.
Dieses hat Rita Süssmuth in einem Brief an ihre fünf Enkel (Laura, Alexander, Benjamin, Felix und Maximilian) aufgenommen und so ermutigend und wegweisend formuliert:
„Ich wage zu hoffen, dass zukünftig in unserem Land Fremde keine Fremden mehr bleiben müssen; dass die Politik und Menschen sich drauf einstimmen, wie sehr dieses Land Zuwanderung braucht. Und zwar in einem qualifizierten und von allen im Konsens abgestimmten Maß. Das erfordert Anstrengungen – bei den Ankömmlingen genauso wie bei bereits Eingesessenen. Diese Übereinkunft kann nur von einer Politik gefördert werden, die sich der Ängste und der Wünsche der Bürger annimmt und nicht über ihre Köpfe hinweg agiert, um in Zukunft erfolgreich zu sein: Denn kaum ein Thema ist so irrational besetzt wie das der Zuwanderung. Und daran sind nicht zuletzt auch wir Politiker schuld. Machen wir also Schluss mit falschen Zahlen und Angstzenarien und benennen wir lieber ohne Umschweife die Defizite unserer heutigen Politik den Migranten gegenüber.
Tun wir das redlich, dann wissen wir auch, was wir ändern müssen, um in Zukunft erfolgreich zu sein:
verständliche Regeln für Einwanderung zu setzen,
alle Familienmitglieder in Integrationsprogramme einbringen,
Kinder frühzeitig an Sprache und Kultur unseres Landes heranzuführen,
in den Städten Ghettobildung vermeiden– und den Bürgern Verständnis für die Notwendigkeit der Zuwanderung wecken.
Bei all diesen Hoffnungen weiß ich natürlich auch um Enttäuschungen. Aber bisher habe ich das Glück gehabt, aus solchen Enttäuschungen wieder herauszukommen – mit der Entscheidung:
weitermachen. Besser machen!“ (zit. aus Rita Süssmuth, Überlasst die Welt nicht den Wahnsinnigen, Seite 94 – 96)
Man könnte fast meinen, Rita Süssmuth setzt den Monatsspruch, einst an Israel gerichtet und für alle Menschen in der Welt geltend, in die heutige Situation wegweisend für ihre Enkel um und fordert uns persönlich heraus, uns der Fremden, Migranten anzunehmen, so wie es uns möglich ist.
- Wie das eine ganze Gesellschaft schaffen kann, bleibt eine offene Frage.
Siegward Busat