Kurzpredigt Juli 2024
„Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist“ 2. Mose 23,2
Mehrheiten sind gefragt. An den Massen Mensch kommt keiner vorbei. Wer viele in den Parteien hinter sich hat, ist gefragt und kann auf ein gutes Ergebnis hoffen. Wer es nur auf geringe Umfrageergebnisse bringt, muss sich Sorgen um seine Zukunft machen. Das zeigt sich nicht nur bei einzelnen Personen, sondern auch in Gruppen, Parteien und Zusammenschlüsssen verschiedener Art.
Das gilt nicht nur in Friedenszeiten und im Miteinander verantwortlicher demokratischer Bewegungen, sondern auch in Kriegszeiten, religiöser Machtdurchsetzungen und ideologischer Auseinandersetzungen. Wer Mehrheiten hinter sich hat, kann sich und seine Ziele durchsetzen – manchmal auch mit Gewalt und unterschiedlich harten Konsequenzen. Man denke nur an den Iran, wo Mädchen und Frauen ihrer vollen Zukunft beraubt werden durch staatliche und religiöse Machtdurchsetzung.
Mit Mehrheiten und Massen hinter sich kann eben nicht nur Gutes zum Wohl der Menschen ausgerichtet werden, dass sie in Freiheit ihr Leben angehen und gestalten. Oft macht sich der Egoismus mit Massen hinter sich zu einem Handlanger von Unrecht, Unterdrückung und Sklaverei in der Gesellschaft, in der der Einzelne nur seufzen kann und seine Zukunft verliert.
Der Monatsspruch entstammt dem Rechtswesen in Israel. Er richtet sich nicht zuerst nur an die Richter in Prozessen, sondern meint den Umgang im Allgemeinen, in kleinen Streitigkeiten und Unstimmigkeiten. Richter per Amt gab es zur damaligen Zeit noch nicht. Es waren Männer, die mit der Aufgabe betraut waren auf der lokalen Ebene „mitzusprechen und mitzuentscheiden hatten“(MARTIN NOTH, ATD, 2. Mose, Seite 152). Im gesellschaftlichen Umfeld standen sie leicht in der Gefahr, auf Mehrheiten zu hören und dabei dem Recht und Unrecht nicht klar entscheidend zu antworten und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Die Gefahr bestand, nicht alle Menschen – unabhängig von Macht, Herkunft und sozialer Stellung , den geltenden Gesetzen entsprechend - gleich zu behandeln. Das Anliegen der Rechtsprechenden war und „ist vor allem der Schutz des Armen und Schwachen vor einer parteiischen Rechtsprechung zugunsten des Reichen und Mächtigen, wobei das Vorhandensein solcher wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede schon vorausgesetzt wird“…
Im selben Kapitel wird “In V. 1 …zunächst allgemein ein leichtfertiges und parteiisches Aussagen in der Rechtsgemeinde untersagt; und ähnlich wird in V. 7 vor einem ‚Lügenwort‘ bzw. einer ‚Lügensache‘ gewarnt und das ungerechte Rechtsprechen verboten“(MARTIN NOTH, Seite 152-153).
Es geht also in allen Auseinandersetzungen – nicht nur ich gerichtlicher Art - sich eindeutig für das Recht und die Wahrheit zu entscheiden und diese durchzuziehen. Damit soll auch in Israel zum Ausdruck kommen, dass Richter auf Erden in besonderer Weise Autoritäten sind, die nach dem Muster Gottes handeln: “Deine Gerichte sind wahrhaftig und gerecht“(Offenbarung 16,7). Wo dieser Akzent in allen Prozessen weltweit zum Zuge kommt – wir genießen in der BRD ein großes Stück davon - wird die Wahrheit und das Recht Menschen in die Freiheit führen. Auch in den kleinen Beziehungen untereinander hat es eine strahlende Auswirkung, wie es Jesus andeutet: „Eure Rede aber sei Ja, ja; nein,nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen“ (Matthäus 5, 37). Wo sich Wahrheit und Liebe ausbreiten, können Menschen in eine offene Zukunft schreiten und werden das Leben gewinnen. So ist ein Miteinander in Sicherheit ohne Ängste und Sorgen möglich. Wie schön, wenn das wahr und wirklich wird.
Siegward Busat