Kurzpredigt September 2024
„Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?“ Jeremia 23,23
Die Rede vom lieben Gott, können wir uns alle von der Backe putzen. Der Gott der Bibel ist in seiner Schöpferkraft, mit seinem Geschichtswirken und in seiner Heiligkeit ein ganz anderer, als das wir ihn zum „lieben Gott“ erklären könnten. Er passt nicht in unsere Vorstellungswelt, noch können wir ihn in unsere Handtasche oder Hosentasche stecken, noch können wir ihn wie einen Hund an die Leine nehmen.
Er ist zu groß, zu mächtig und von anderer Art als wir Menschen. Er ist der Herr der Welt. Ihm steht alles zur Verfügung Ja er kann über alle und alles verfügen. Die Art und Weise, wie er mit der Schöpfung und den Geschöpfen umgeht, ist einmalig und einzigartig, so dass man nur staunend fragen kann: Wo ist ein Gott wie du?
Von Willkür und Machtdurchsetzung kann nicht die Rede sein. Er lebt auch nicht auf Kosten anderer, noch geht es ihm um Egoismus, Gewaltanwendung und Unrecht. In seinem Reden und Handeln können wir Menschen ihn oft nicht verstehen. Unbegreiflich erscheint er uns. Wenn das anders wäre, würden wir nicht in bedrängten Engen fragen: Warum? Manchmal möchten wir seine Rolle in der Welt spielen. Doch wenn uns alles verfügbar wäre und wir uns mit unseren Wünschen, Erwartungen, Hoffnungen und Zielen voll durchsetzen könnten, wäre die Welt noch nicht besser dran; denn wir können alle gar nicht anders denken, reden und handeln, als immer wieder von uns auszugehen und stellen uns in die Mitte des Lebens. Selbst wenn sich alles im Leben weltweit um uns drehen würde, hätten wir nicht das Vermögen, den Durchblick und Überblick und den Ausblick die Dinge dieser Welt gerecht und sinnvoll zu gestalten.
Wer könnte schon, wenn Menschen ihre Macht ausüben, leben, ohne seiner Freiheit beraubt zu werden und neuen Zwängen ausgesetzt zu sein? Die Geschichte der Menschheit hat es immer wieder belegt, vom Brudermord des Kain angefangen bis in die Gegenwart hinein: Wo der Mensch sich selbst zur Mitte des Lebens macht und ohne Gott sich breit macht und austobt
- man denke nur an alle verschiedenen Gesellschaftssysteme,
- auch eine Demokratie kann das nicht garantieren,
kommt es zu Streit, Unrecht, Hunger, Elend, Krieg und Tod.
Die Herrschaft des Menschen über Menschen hat in der Weltgeschichte so ungeheuere Zerstörungen gebracht, dass Massen von Menschen, Kulturen und Werte zunichte gemacht wurden. Der Scherbenhaufen menschlichen Elends ist so groß, dass jedem Menschen die Herrschaft über sich und andere entzogen werden müsste.
Der Mensch also kann die Rolle Gottes nicht übernehmen, denn er ist zu klein, zu schwach, zu begrenzt, letztlich zu egoistisch, um sachlich und persönlich für die Menschen und deren Wohl und Freiheit ein zu stehen. Immer kreist letztlich alles nur um das eigene Ich.
Gott ist da ganz anders. Die Bibel bezeugt das in vielfacher Weise, auch wenn dieses Zeugnis immer noch nicht die ganze Wirklichkeit Gottes zur Darstellung bringen kann. Gott setzt mit der Schöpfung einen Lebensraum für vielfältiges Leben. Leben vielfältiger Art schafft er. Manchmal könnte man denken, warum so viel Leben in der Mikro- und Makrowelt. War und ist das alles so notwendig für den Erhalt des Lebens?
Das weiß ich nicht, aber es spricht für den Reichtum der selbstlosen Zuwendungen Gottes, Leben und Lebensraum in einer unermesslichen und für uns unübersichtlichen Fülle außer von sich selbst zu setzen. Ein Blick in den sich ausbreitenden Weltraum und der Blick ins Mikroskop lassen uns nur staunen. Das ist viel mehr, als Haus, Garten und Hof, wenn es denn der Mensch dazu bringen kann. Gott beginnt mit einem 75-jährigen Mann die Geschichte seines Volkes Israel. Nichts spricht von sich aus für diesen Mann. Gott ist es, der ihn anspricht und ihn in seine Zusagen gewinnt. Abraham verlässt alles, um diesen Weg zu gehen Herausforderungen, Versuchungen, Versagen und Schuld bleiben ihm nicht erspart. Aber er vertraut seinem Gott und lässt sich nach allen Rückfällen immer neu auf Gottes Wort ein. So kommt er voran auf dem Weg des Glaubens, erhält neue Informationen für seinen Weg durch Gott. Er wird Vater eines Sohnes und damit vieler Nachkommen. In den Verheißungen wird die Nachkommenschaft mit Bildern „Sand am Meer“ und “Sterne am Himmel“ zur Sprache gebracht. Und dieses Volk setzt Gott zeichenhaft für die ganze Welt - wie ein Leben durch seine Ermöglichung und seinen Willen gestaltet werden kann. Segen für die Völkerwelt zu sein - wo gibt es eine größere Lebensperspektive? Gott sendet Boten in sein Volk, damit dieses Volk sich nicht in den Verhaltensweisen dieser Welt verliert. Das geschieht in der Geschichte Israels immer wieder neu. Gott beruft und sendet in dieses Volk. Die Boten und Propheten Gottes haben keinen leichten Stand in ihrer Zeit. Sie versuchen überzeugt vom Gott der Bibel, die Menschen ihrer Zeit und ihrer Umgebung immer neu zu Gott zurück zu rufen. Der Erfolg oder Misserfolg dabei ist für sie nicht entscheidend. Das Wesentliche ist für sie das Wort von Gott, das dem Leben Orientierung gibt, das von verkehrten Wegen zurückruft und das Volk ermutigt, auf Gottes Wegen zu gehen und das Ziel, das Reich Gottes, zu erlangen. Das, was z.B. in den zehn Geboten zum Ausdruck kommt, ist ja letztlich eine Ermöglichung zum Leben aller in der Welt. Gott gibt das außergewöhnlich Letzte in die Welt. Er wagt es, seinen Sohn, Jesus Christus, in die Welt zu geben. Er ist es, der aus erster Quelle von Gott erzählt. Er macht Gottes Absicht mit den Menschen wahr, in Wort und Tat, in dem er: ins Reich Gottes ruft, Schuld vergibt, Kranke heilt, Besessene befreit und was immer auch im Leben war. Er setzt einen neuen Anfang. Dabei schließt er keinen aus. Allen ist er zugewandt. Jesus Christus sagt, lebt und wirkt: Gott ist ein Gott des Lebens für alle! Menschen dürfen durch ihn und mit ihm aufbrechen, Altes verlassen und mit Jesus Christus neu ihr Leben buchstabieren. Das ist Hoffnung in aller Verlorenheit und Mutlosigkeit dieser Welt. Das ist beginnendes Reich Gottes in der Zeit. Der ferne Gott ist ganz nah, wo Menschen Vertrauen zu ihm fassen. Der nahe Gott ist ganz fern, wo Menschen ihn außer Acht lassen. Die Nähe Gottes im Glauben an Jesus Christus immer wieder zu erleben, das lässt tatsächlich leben mit einem nahen Gott, der auch fern sein kann.
Siegward Busat