Kurzpredigt Januar 2025
Jesus Christus spricht:
„Liebet eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen.“ Lukas 6, 27-28 (E)
Jeder ist froh, wenn er keine Feinde hat. Menschen, die mich hassen, lasse ich gern auf der Seite stehen. Wer mich verflucht, will mich in den Bereich Satans drängen. Was geht mich der an, der für mich nur Böses im Sinn hat.
Darin könnten mit mir viele einstimmen. Doch frei machen kann ich mich nicht von diesen. Immer wird es irgendeinen geben, der in mein Leben tritt: mich feindlich angeht, mich in seinem Hass verachtet; mir wiederholt nur üble Worte entgegenwirft oder mich öffentlich bloßstellt, genauer vom Griechischen gesagt: der mich „misshandelt“ in Wort oder Tat.
Das alles trägt nicht zu meiner Zufriedenheit bei; denn immer kann ich diese alle nicht aus meinen Gedanken langfristig verdrängen. Und wenn ich es versuchte, stehen sie immer wieder wie ein Stehaufmännchen vor mir. Sie verfolgen mich bis in meine Träume und schlaflosen Nächte hinein. Ich werde sie einfach nicht los. Wenn das nicht für Zeiten, sondern auf Dauer mein Leben beeinträchtigen soll, brauche ich eine andere Lebensweise, eine neue Grundeinstellung, die mir nur Jesus Christus ermöglichen kann.
Dazu ermutigt uns der Monatsspruch. Er hilft nicht nur Christen heute in ihren Krisenzeiten, sondern richtet sich an die „Hörenden“ zur Zeit Jesu, also an alle im Volk Israel und so auch in den Nationen der Welt. Sie alle sind gemeint, unabhängig in welchen Bereichen sie tätig sind: in der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder in der Nachbarschaft, Familie und Verwandtschaft.
Jesus kann dazu aufrufen und ermutigen, weil er selbst sie alle liebte und selbst am Kreuz für seine Feinde fürbittend vor Gott eintritt: „Vater. vergib ihnen; denn sie wissen nicht was sie tun“ (Lukas 23, 34).
Wenn schon die Feinde von Jesus noch im Tod geliebt sind und er vor Gott für sie eintritt, wer wollte da schon die bezeugte und erlebte Wirklichkeit in Frage stellen, dass ihm das versagt wäre: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16). Nein, diese Liebe Gottes gilt allen und in jeder Situation. Wer sich ihr öffnet, kommt in eine neue Lebenswirklichkeit, die nicht mehr auf Vergeltung, Durchsetzungskraft, „wie du mir, so ich dir“- Weise und bei der sich selbst rechtfertigenden Wortwahl bleibt.
Nein, dann ist es möglich neu anzufangen, sein Leben aus dem Geliebtsein Gottes, das allen Menschen gilt, neu zu programmieren. Wenn Gott alle liebt – auch mich - dann kann ich mich nicht länger seiner Art bewusst und willentlich entziehen. Dann ist etwas in mir aufgebrochen, das ich andern weitergeben kann und will: einfach zu lieben, auch über alle Grenzen hin weg. Das ist eine neue Weise, die die Menschen der Welt – ohne Gott - nicht kennen und nicht können. Nur aus dem voraussetzungslosem Geliebtsein von Gott werde ich fähig, auch meine Feinde zu lieben.
Das fängt nicht in großen Worten und Entschlüssen an, sondern in einer neuen Art, die mir von Gott ermöglicht wird. Darum kann ich Gott bitten und es immer neu versuchen. So wird es möglich, Jesu Wort zu leben:
„Liebet eure Feinde“. D.h. „da sein für“ den Anderen, egal ob Freund oder Feind. Für andere „dasein“ meint mich mit meiner ganzen Existenz. Da geht es nicht nur um einzelne Aktionen, sondern um meine ganze Art und Weise, wie ich mit dem Anderen umgehe. Zum Umgang gehören meine Gesten, Worte und Taten, in grenzüberschreitendem Sein, um dem Anderen es möglich zu machen, sich neu zu orientieren und aller Feindschaft als sinnlos zu entsagen . Eben grenzenlose Liebe, die Gott eigen ist durch das eigene Leben zu bezeugen. Sie ist eine Macht, die gewaltlos den Anderen nicht mehr loslässt und bezwingen kann, das Leben anders als bisher zu versuchen.
Zu dieser Feindesliebe gehört auch das Tun des Guten, das den Anderen zum Nachdenken und Staunen anregen kann. Zugleich wird im praktischen Handeln für und an dem Anderen deutlich, dass diese Liebe nicht in Gefühlen und Worten aufgeht, sondern in konkreter Hilfe.
Das jedoch reicht noch nicht aus. Wer aus dem Geliebtsein Gottes handelt, der lernt auch den Anderen in der Sicht Gottes zu sehen. Das zeigt sich auch im Segnen des Anderen. Gemeint ist, ich nehme ihn unter den Zuspruch Gottes, mit meinen Blicken und Gersten, ich versuche, ihm meine Hand zur Versöhnung zu reichen.
Selbst wenn ich auf diesem Weg nicht weiterkomme oder mir die Kraft zum Lieben ausgeht, bringe ich den Anderen und mich in die Gegenwart Gottes, für den es keine Grenzen gibt. Gott kann Menschen von Grund auf verändern. Zugleich: Gott gibt mir die Kraft im Gebet mit ihm verbunden zu bleiben und auch nach manchem Versagen nicht aufzugeben und weiterhin für den Anderen da zu sein, ihn von Herzen zu lieben – auch wenn der Erfolg sich nicht gleich einstellt.
So finde ich zur Zufriedenheit mit mir selbst, bleibe im Frieden mit Gott und versuche Frieden zu schaffen, auch über Grenzen hinweg. So werde ich frei von der alten Lebensweise, „wie du mir, so ich dir“. Das setzt freudig und erwartungsvoll in Bewegung. So kann ich den Segen Gottes tatsächlich genießen.
Siegward Busat.