Kurzpredigt Juni 2025
PETRUS: „Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. Apostelgeschichte 10, 28
Man muss sich nicht groß anstrengen. In der Begegnung mit Menschen fallen in unserem Kopf immer Entscheidungen. Die einen finden wir sympathisch, die anderen eher nicht. Die einen gefallen uns ihrer äußeren Erscheinung nach. Andere werden kaum wahrgenommen. Die einen reden viel von sich und anderen, andere bleiben in vorsichtiger Zurückhaltung und schweigen. Mit diesem und jenem möchten wir gern Kontakt aufnehmen, die anderen bedeuten uns nichts. Wenn dann noch der Lebenserfolg oder das Versagen der Menschen augenscheinlich wird, sind wir schnell dabei, jeden in ein bestimmtes Fach unserer großen „Beurteilungs-Verurteilungs“-Wand zu stecken. Je nachdem wir unsere Einteilungen vorgenommen haben, ist damit auch unser Interesse am anderen erwacht oder wir wagen keine Beziehung zu ihm. Manchmal geht es auch so weit, dass wir den anderen für immer abgeschrieben haben, nichts mehr von ihm erwarten und für immer auf der Seite lassen. Dabei muss ich an eine Küsterin denken, die nach einem kräftigen Streit mit einem aus dem Jungmännerkreis mir sagte, „mit dem setzte ich meine Füße nicht mehr unter einen Tisch“, mit dem bin ich fertig! Und das war sie auch.
Noch andere Meinungsverschiedenheiten, ernsthafte Auseinandersetzungen und Trennungen gab es – und leider gibt es sie noch heute zwischen arm und reich, groß und klein, Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft und egoistischen Machthabern, Mann und Frau, Juden und Heiden, Unterdrücker und Unterdrückte in den Ländern des Islam, den Religionen und des Kommunismus.
Aus Sicht des Judentums galten in der Geschichte die nichtjüdischen Menschen im religiösen Sinn als „unrein“. So war es in der Tradition festgelegt. Auch bei Jesus finden wir eine Zurückhaltung, wenn er den aussenden Jüngern sagt: „Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht nicht in eine Stadt der Samariter“ (Matthäus 10, 5). Das aber hat nichts zu tun mit der Ausgrenzung von Menschen. Erst der auferstandene Jesus sendet die Jünger in alle Welt, zu allen Völkern, nach dem er das Heilswerk vollbracht hat (Matthäus 28, 18-20). Und schon vorher hat Jesus Kontakt zu Nichtjuden und den Außenseitern der Gesellschaft, auch wenn er grundsätzlich beim Auftrag Gottes bleibt „zuerst“ den Juden (Apg. 13,46).
Petrus, wohl noch wie in der Tradition des Judentums gefangen, wird erst durch eine Vision von Gott bewegt, die Unterscheidung von rein und unrein aufzugeben; denn Gott hat alle im Blick, wenn es um das Heil geht. Im Haus von Kornelius wird er überrascht, dass Gott Heiden zum Heil in Jesus, zum Glauben an Jesus geführt hat und so die Grenzziehung zwischen Juden und Heiden nicht mehr von Belang ist.
Was hier in der Geschichte mit Petrus passiert, geht uns alle an. Kein Mensch darf für uns in eine Schublade sortiert werden. Da jeder Mensch sich – zum Guten im Lauf seines Lebens verändern kann – wodurch auch immer – dürfen wir keinen auf sein Gestern und Heute festlegen, sondern zukunftsoffen und vertrauensvoll mit ihm umgehen. Immer kann Gott noch Menschen verändern – zu seinem Lob und Dienst und zur Freude der Menschen. Das gilt es im Auge zu halten, wenn wir Menschen begegnen.
Somit kommt auch die Aufgabe auf uns zu, Menschen im Gebet in die Gegenwart Gottes zu nehmen, damit Gott ihnen zu neuer Orientierung hilft und von falschen Wegen befreit. So brauchen wir Menschen nicht mehr zu be- und verurteilen. Dabei bleiben wir nicht blind für die Tatsächlichkeit des anderen; dennoch erhoffen wir eine durch Gott veränderte Zukunft, die ihm und anderen mehr Lebensqualität eröffnet.
Siegward Busat