Moment mal

Ein anderes Glaubensbekenntnis

Ein anderes Glaubensbekenntnis 

Wir glauben an Gott, den Ursprung von allem,
was geschaffen ist, die Quelle des Lebens,
aus der alles fließt, das Ziel der Schöpfung,
die auf Erlösung hofft.

Wir glauben an Jesus Christus,
den Gesandten der Liebe Gottes, von Maria geboren.
Ein Mensch, der Kinder segnete, Frauen und Männer bewegte,
Leben heilte und Grenzen überwand. Er wurde gekreuzigt.
In seinem Tod hat Gott die Macht des Bösen gebrochen und
uns zur Liebe befreit. Mitten unter uns ist er gegenwärtig
und ruft uns auf seinen Weg.

Wir glauben an Gottes Geist, Weisheit von Gott, die wirkt,
wo sie will. Sie gibt Kraft zur Versöhnung und schenkt Hoffnung,
die auch der Tod nicht zerstört. In der Gemeinschaft der Glaubenden
werden wir zu Schwestern und Brüdern, die nach Gerechtigkeit suchen.

Wir erwarten Gottes Reich. Amen.

So geht Versöhnung

Gedanken aus dem Kreuz & Quer-Gottesdienst vom 5. März 2023 Im Kreuz und Quer- Gottesdienst am 5. März ging es um das Thema „Versöhnung“ in einer Welt, in der so viel Unfrieden herrscht. Dabei ging es sehr nachdenklich zu. Was braucht es, damit Frieden gelingen kann im Kleinen wie im Großen? Wie kommen wir dahin, dass wir einander das Unrecht verzeihen können, das wir uns gegenseitig antun? Und wie wird aus Verzeihen schließlich eine Versöhnung? Und was ist das überhaupt genau, Versöhnung? Am 14. November 1940 war die mittelenglische Stadt Coventry Ziel der sogenannten „Operation Mondscheinsonate“. In dieser militärischen Operation griffen deutsche Kampfgeschwader die Stadt Coventry an, in der sich, wie man wusste, Munitionsfabriken befanden. 550 Flugzeuge machten sich auf den Weg, um Tod und Zerstörung zu bringen.  Um 19.20 Uhr wurden die ersten Leuchtbomben abgeworfen. Danach kamen Sprengbomben und Brandbomben. Dächer wurden aufgesprengt und Straßen aufgerissen. Häuser wurden zerstört. Die Kathedrale von Coventry, das große Gotteshaus der Stadt, stand um 20 Uhr in Flammen. Da gleichzeitig auch das Gebäude der Feuerwehr getroffen wurde, war es unmöglich, das Gotteshaus zu retten. Die ganze Nacht über kamen die Bomben über die Stadt. 500 Tonnen Sprengbomben und 36.000 Brandbomben trafen die Stadt. 568 Menschen kamen ums Leben, 1000 weitere Menschen wurden schwer verletzt. 60.000 Gebäude wurden getroffen, 4000 davon waren komplett zerstört. Fast das ganze Stadtzentrum war dem Erdboden gleichgemacht worden. Erst um 6.15 Uhr wurde Entwarnung gegeben. Die Kathedrale, der Stolz der Stadt, wurde bei dem Angriff fast komplett zerstört. Das Dach existierte nicht mehr. Die Einbauten waren verbrannt. Übrig blieben ein paar Außenmauern der Apsis und kleine Türme. Und ein Haufen Schutt im Inneren. Der Domprobst Richard Howard leitete die Aufräumarbeiten. In den Ruinen des Gotteshauses fand er einige Zimmermannsnägel vom verbrannten Dach. Aus ihnen fertigte er ein Kreuz: Das Nagelkreuz von Coventry. In die Chorwand der Apsis ließ er einen Schriftzug meißeln. Ein Wort aus der Bibel. Es waren nur zwei Worte, die er brauchte: Father, forgive. (Vater, vergib). Dazu Worte von Pfarrerin Monika Holthoff : „Father forgive. Vater, vergib.“ Richard Howard hätte auch andere Worte in die Chorwand der Kirchenruine von Coventry meißeln lassen können. 568 Menschen waren am 14. November 1940 in der mittelenglischen Stadt gestorben; die verletzten Männer, Frauen und Kinder hat wohl keiner gezählt. Der Kirchenmann hätte Worte der Klage an die Wand schreiben können. Er hätte sie in der Bibel gefunden. Im Buch Hiob etwa oder in den Klageliedern Jeremias. Die beginnen so: „Wie liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war! (…) Sie weint des Nachts, dass ihr die Tränen über die Backen laufen.“ Der Dompropst hätte auch den Ruf nach Vergeltung aus Psalm 94 zitieren können: „Herr, du Gott der Vergeltung, du Gott der Vergeltung, erscheine! Erhebe dich, du Richter der Welt; vergilt den Hoffärtigen, was sie verdienen!“ Die vielen Toten und Verletzten waren ja nicht Opfer eines Unglücksfalls sondern eines Bombenangriffs. Deutsche Bomben hatten weite Teile der Stadt, darunter die mittelalterliche Kathedrale St. Michael, zerstört. Doch als die Ruinen des Gotteshauses vom Schutt befreit waren, ließ Richard Howard in der erhalten gebliebenen Apsis nicht Worte der Klage und nicht Worte der Rache sondern Worte der Versöhnung anbringen. Er fand sie im Lukasevangelium. Im vorletzten Kapitel erzählt der Evangelist die Kreuzigung Jesu: „Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: ‚Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.’“ „Father forgive“ ist nun an der Stirnwand der Ruine der Kathedrale von Coventry zu lesen: „Vater, vergib.“ „Vater, vergib.“ steht da. Nicht: „Vater, vergib ihnen“ wie es im Evangelium heißt. Schon das wäre eine großartige Geste gewesen. Eine Geste im Sinne Jesu: „Vater, vergib ihnen. Vergib denen, die uns das angetan haben, Vergib den deutschen Kriegsgegnern, die unsere Stadt zerstörten und uns unsere Lieben nahmen. Vergib denen, die den tödlichen Befehl erteilten und vergib denen, die ihn ausführten.“ Aber der Dompropst lässt es bei den beiden Worten: „Vater, vergib.“ Das lässt den Blick weiter werden: „Vater, vergib. Vergib uns allen, was wir dir und anderen Menschen schuldig blieben und was wir ihnen antaten. Vergib uns allen unsere Schuld – gleich welchem Volk oder welcher Kriegspartei wir angehören mögen. Der Pfarrer macht ernst mit dem, was der Apostel Pauls in seinem Brief an die Römer schreibt: „Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.“ (Römer 3, 23). Ich finde, man kann nur staunen über diese Geistes- und Glaubensgröße. Mitten im Krieg, mitten in der Zerstörung hat der Domprobst verstanden, dass Versöhnung nur funktioniert, wenn man die Augen auch vor der eigenen Schuld nicht verschließt. Versöhnung passiert nicht, wenn man sich gegenseitig beschuldigt und Schuld um Schuld miteinander aufrechnet. Versöhnung passiert auch nicht im Stillstand, wenn man sich meidet und nichts mehr miteinander zu tun haben will. Versöhnung kann erst anfangen, wenn alle Parteien begreifen: Wir haben alle etwas falsch gemacht. Wir müssen alle daran arbeiten, es besser zu machen. „Vater, vergib.“ Im Jahr 1958, achtzehn Jahre nach dem schrecklichen Bombenangriff auf Coventry und der Zerstörung von St. Michael’s Cathedral geht ein Gebet um die Welt, das diese Bitte aufnimmt und konkretisiert: die Versöhnungslitanei von Coventry. Bereits in den Jahren zuvor hat die Versöhnungsarbeit an der Kathedrale größere Kreise gezogen: Als Symbol gemeinsamer Verantwortung für den Frieden wurde mehreren zerstörten Orten im Land des ehemaligen Feindes ein Nagelkreuz aus Coventry überreicht. Im Laufe der Zeit kamen Orte in anderen Ländern und neuen Krisengebieten, unabhängig vom Zweiten Weltkrieg, hinzu. Menschen und Gemeinden, die sich besonders für Frieden und Versöhnung engagiert haben, sind mit dem Nagelkreuz, dem Symbol dieser Versöhnungsarbeit, beschenkt worden und zur Nagelkreuzgemeinschaft zusammengewachsen. Schon 1947, nur zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, ist das erste Nagelkreuz in das Land des ehemaligen Feindes gelangt, in die St. Nicolai-Gemeinde zu Kiel. Und nun also, 1958, das Gebet. „Vater, vergib.“ Sieben Mal wird diese Bitte in der Versöhnungslitanei von Coventry wiederholt. Sieben Mal, weil die Zahl sieben eine symbolische Zahl ist. Sie steht für eine unfassbar große Menge: unfassbar groß ist die Schuld, die Menschen auf sich geladen haben und noch täglich auf sich laden. Unfassbar groß sind Leid und Unrecht, das von uns ausgeht und unter dem andere Menschen leiden. Unfassbar groß ist der Abstand zwischen uns und unserem Verhalten auf der einen und Gott und seinen Geboten auf der anderen Seite. Die Versöhnungslitanei: Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse: Vater vergib! Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist: Vater vergib! Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet: Vater vergib! Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der Anderen: Vater vergib! Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge: Vater vergib! Die Entwürdigung von Frauen, Männern und Kindern durch sexuellen Missbrauch: Vater vergib! Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott: Vater, vergib! In dieser Weise wird die Versöhnungslitanei von Coventry jeden Freitag zur Mittagszeit im Chorraum der Ruine der alten Kathedrale und in vielen Nagelkreuzzentren auf der ganzen Welt gebetet. Leider ist alles, was da angesprochen wird, auch heute immer noch aktuell. Beispiele dafür fallen sicher jeder und jedem von uns sofort ein. Aber die Versöhnungslitanei hilft uns dabei, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen. Denn es sind ja nicht nur die anderen, die sich schlecht verhalten, die rassistisch denken. Nicht nur die anderen lassen die Flüchtlinge im Stich. Nicht nur die anderen schauen weg bei Gewalt gegen Frauen und Kinder. Sondern wir alle tun das, immer wieder. Und haben deshalb die Vergebung Gottes alle gemeinsam nötig. Die Christen in Coventry haben das schon am Tag nach der Zerstörung begriffen. Und sie werden bis heute nicht müde, sich für Versöhnung einzusetzen. Und wir? Wir können Gott und den Geschwistern in Coventry danken, indem wir unsererseits Schritte auf dem Weg zur Versöhnung gehen. Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse, können wir bekämpfen, indem wir öffentlich zu Versöhnung und Frieden aufrufen und unsere Kinder die Nächstenliebe lehren. Der Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet, können wir entgegentreten, indem wir für weltweite Gerechtigkeit eintreten und, wo immer es uns möglich ist, fair gehandelte Waren erwerben. Der mangelnden Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge können wir abzuhelfen versuchen, indem wir nicht mitmachen, wenn andere gegen Flüchtlinge hetzen. Und daran erinnern, dass, wer einen Flüchtling aufnimmt, es mit unserem Herrn Jesus Christus selbst zu tun bekommt. Wir können mit offenen Augen durch die Welt gehen und uns überall da einmischen, wo Menschen gedemütigt, sexuell belästigt und missbraucht werden. Bei all unseren Bemühungen um Versöhnung können wir die Quelle im Blick behalten, aus der wir täglich Kraft schöpfen können und sollen. Von ihr ist ganz am Ende der Versöhnungslitanei von Coventry die Rede, wo aus dem Brief an die Epheser zitiert wird: „Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebe einer dem anderen, wie Gott euch vergeben hat in Jesus Christus.“ Ein Gebet: O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt, dass ich verbinde da, wo Streit ist, dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt. Ach Herr, lass du mich trachten: nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste; nicht dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe; nicht dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. Denn wer dahingibt, der empfängt; wer sich selbst vergisst, der findet; wer verzeiht, dem wird verziehen; und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben. Amen.

I love you

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Geschichten mitten aus dem Leben

 

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privat

Es ist Samstagmorgen. Die Nacht war kalt. Das Thermometer zeigt noch jetzt Minusgrade an. Auf dem Weg in den Ort komme ich an der mir vertrauten Bushaltestelle vorbei. Schon von Weitem sieht man das sonst eher unauffällige, durchsichtige Häuschen sehr gut, jetzt, wo es so komplett mit Rauhreif bedeckt ist, weil es sich durch den Milchton farblich gut von der Umgebung absetzt. Und als ich näherkomme, fällt mir ein Schriftzug auf.

„Ja, ja. Das kennt man ja“, werden Sie vielleicht denken. Wer in einer Großstadt lebt, hat sich an den Anblick längst gewöhnen müssen. Überall wohin man schaut, sieht man irgendwelche Schriftzeichen, sog. Tacs, oder Zeichen oder Malereien in den unterschiedlichsten Farben. Manchmal lesbar, manchmal nicht. Manchmal grammatikalisch richtig, manchmal nicht, oft übereinander mit Lackfarben gesprayt oder mit wasserfesten Filzschreibern gekritzelt, mal bunt, mal schwarz. Schade ist dabei, dass es Menschen gibt, die keinen Respekt vor dem Eigentum anderer haben oder über die Folgen nicht nachdenken oder sie ignorieren.


 
 

Adler

Es ist ein lauer Abend im August. Das Wetter ist einfach schön - nicht zu heiß, nicht zu kalt, trocken. An meinem ersten Urlaubstag im schönen Allgäu sitze ich erschöpft vom Wandern, aber glücklich, auf meinem großzügigen Hotel-Balkon und lasse den Tag mit einer großen Tasse Tee ausklingen. Ich habe einen großartigen Blick auf die Schlösser „Neuschwanstein“ und „Hohenschwangau“ und auf die Alpen und kann mein Glück kaum fassen, dass ich es mit der Wahl der Urlaubsunterkunft in diesem Jahr so gut getroffen habe. Ich lasse den Tag revuepassieren, freue mich darüber, viel Schönes gesehen und erlebt zu haben, genieße nun nach diesem gelungenen ersten Urlaubstag die Ruhe und Stille des Abends, den Moment, und sitze einfach nur da und schaue mir die wunderbare Gegend an. Es ist nichts zu hören. Es ist einfach schön, ruhig, erholsam. Nach den ganzen Aufregungen und dem Stress der letzten Wochen und Monate kann ich nun endlich mal die Seele baumeln lassen. An mich denken – mich an schönen Dingen erfreuen – einfach nur in die Gegend gucken, ohne etwas tun zu müssen. Ich freue mich. Herrlich! Nach kurzer Zeit höre ich von Weitem ein leises Motorengeräusch, das langsam aber stetig immer lauter wird. Was stört denn da diese tolle Abendstimmung? Ich suche den Horizont nach dem Übeltäter ab. Während ich so den Blick schweifen lasse, sehe ich nicht weit entfernt ein paar Gleitschirmspringer, die sich in behutsamen Runden vom Gipfel des Tegelbergs ins Tal fallen lassen. Nein, von Ihnen kann dieses Geräusch nicht kommen, die segeln ja nur – ohne Motoren-Antrieb. Ich suche weiter. Nach kurzer Zeit erblicke ich nicht sehr weit über den Bergspitzen ein kleines Motorflugzeug, das sich zusehends nähert. Ich sehe, wie das kleine Flugzeug sich von links nach rechts über die Bergkette bewegt und hoffe noch, dass dieses Motorengeräusch rasch wieder leiser wird und möglichst bald ganz wieder verschwindet, als ich plötzlich noch ein anderes Geräusch wahrnehme. Es erinnert mich an einen Schrei, einen Ruf und Erinnerungen werden in mir wach. Sofort gehen meine Gedanken auf die Reise. Es mag sich komisch anhören, doch ich meine dieses Geräusch schon einmal in einem Videofilm gehört zu haben, als unsere Kinder (mittlerweile längst erwachsen) noch klein waren. Eigenartig, dass man sich an solche Nebensächlichkeiten erinnert. Aber ich bin mir sicher: Ich erinnere mich an den Film „Bernhard und Bianca im Känguruland“, in dem ein kleiner Junge versucht, die Eier eines Adlerweibchens vor Diebstahl zu schützen, um die Adler vor dem Aussterben zu bewahren. - Verrückt. - Aber kann das sein? Ist es möglich, dass es hier in den Alpen noch Adler gibt? Meine Neugier ist geweckt. Und wieder suche ich den Horizont ab. Es dauert nicht lang, das Motorengeräusch wird allmählich schon wieder leiser, das Flugzeug entfernt sich schon wieder, da steigt ein sehr großer Vogel zwischen den Bergspitzen empor. Er fliegt hoch in die Luft. Und ich bin baff erstaunt, wie elegant er wellenförmig durch die Lüfte gleitet. Und wieder dieser Schrei und noch einer. Es hört sich fast so an, als beschwere er sich über diese Geräuschbelästigung. Ich bin tief beeindruckt, kannte ich Adler doch bislang nur aus dem Zoo, wo Adler in viel zu kleinen Volièren sitzen und die Schönheit der Tiere gar nicht so richtig zur Geltung kommt und eher ein trauriges Bild abgeben. Und jetzt blicke ich in den Himmel und schaue diesem Tier staunend hinterher, wie es majestätisch, elegant und mittlerweile ruhig seine Kreise zieht. Sowas habe ich noch nie gesehen. Ich freue mich für den großen Vogel, dass er frei ist. Ich freue mich für ihn, dass er sein Leben hier leben kann, in dieser wundervollen Umgebung, ohne zu wissen, was es in der Welt im Moment für Widrigkeiten und Gefahren gibt. Ich freue mich, dass er einfach sein darf - frei, hier und jetzt. Seit diesem Erlebnis schaue ich jeden Abend von meinem Balkon aus in die Ferne, in den Himmel und suche ihn nach meinem Freund ab. Ich lasse meine Blicke über die ganze Bergkette schweifen, immer in der Hoffnung, dass er gleich aufsteigt und ich ihn bewundern kann. Manchmal dauert es eine ganze Weile, bis ich ihn entdecke, meist angekündigt mit diesem typischen Schrei. Geduldig warte ich jeden Abend, bis ich ihn wenigstens einmal kurz gesehen habe. Er gibt mir Ruhe, Frieden, gute Gedanken, Zufriedenheit. Es ist wie ein Ritual. Es tut mir gut. „Die auf Gott harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ (Jesaja 40, 31) Dieser Spruch fiel mir gleich am ersten Abend ein – und wie gut er gerade zu mir passt! Natürlich habe ich mich die ganze Zeit über gefragt: „Kann es überhaupt sein, hier Adler zu sehen? Leben die überhaupt hier? Ich kenne mich mit sowas zu wenig aus, als dass ich darauf eine gesicherte Antwort hätte, doch beschäftigt mich diese Frage tatsächlich die ganze Zeit. Ich möchte es genauer wissen. Sobald ich wieder zu Hause bin, nehme ich mir vor, werde ich mal recherchieren… Während unseres Aufenthaltes im Allgäu finde ich in einem Flyer-Kasten an der Tegelberg-Talstation den Allgäu-Knigge. Sowas gibt es! In diesem wird ausgeführt, dass es in der Gegend tatsächlich u. a. Adler geben kann. Wanderern und Kletterern werden die Benimm-Regeln in den Bergen aufgezeigt, um Adler nicht zu stören, was mich insgeheim bestätigt. „Ja.“ Ich habe einen Adler gesehen und sein Horst muss irgendwo da in den Bergen gegenüber meinem Hotel sein. Jeder Urlaub geht einmal zu Ende und am letzten Urlaubstag warte ich wie immer darauf, „meinem“ Adler noch einmal Gute Nacht zu sagen, als ich schon nach kurzer Zeit gleich drei große Vögel am Horizont erblicke. Wow! Sie ziehen sehr weite, große Kreise, fliegen wellenförmig, ruhig, abwartend … und ich kann sie wirklich eine ganze Zeitlang von meinem Balkon aus bewundern. Der Versuch, meine Freunde zu fotografieren schlägt fehl, da meine Handy-Kamera das leider nicht hergibt, wollte ich doch so gerne davon erzählen und mit Fotos untermauern, wie schön und beeindruckend diese Vögel sind. Doch allmählich werde ich stutzig. Hm. Sind Adler nicht eigentlich Einzelgänger? Ist es nicht eher unwahrscheinlich gleich drei gleichzeitig zu sehen? Zu Hause angekommen durchforste ich das Internet nach Antworten. Ich finde eine Seite, die mir neben ganz vielen Bildern, Erläuterungen und Erklärungen die Schreie von Großvögeln vorspielt und so langsam wird mir klar: Adler werden es wohl vielleicht doch nicht gewesen sein, die mir so sehr ans Herz gewachsen sind – eher Rotmilane, die in der Region dort noch häufig anzutreffen sind. - Bin ich enttäuscht? Nein, ich glaube nicht. Denn die Gefühle sind doch dieselben und das Erlebte ist erlebt. Für meine Gedanken kann ich nichts, und das, was ich empfunden habe, war ehrlich und schön. Ein rundum gelungener Urlaub. Der für’s nächste Jahr ist schon gebucht. Vielleicht treffe ich meine Freunde wieder. Da ist es doch eigentlich egal, ob es Adler oder Rotmilane sind. Die Vorfreude auf ein Wiedersehen ist jedenfalls groß. Anja Drechsler

Vergeudete Lebenszeit

Menschen, bei denen jeder Tag gleich aussieht, können sich auch gleich ins Grab legen!!

Geschichten mitten aus dem Leben

   

„Menschen, bei denen jeder Tag gleich aussieht, können sich auch gleich ins Grab legen!“

Ich stecke in Urlaubsvorbereitungen. Obwohl Corona noch immer nicht den Schrecken verloren hat, beschließen mein Mann und ich in diesem Jahr endlich mal Urlaub zu machen, endlich mal wieder raus. Wir haben uns dazu entschlossen, wandern oder wenigstens spazieren zu gehen, je nachdem, wie es so läuft. Ganz allein für uns.

Wir finden es für den Anfang eine gute Idee, uns Trekking-Stöcke zu besorgen. Gesagt – getan. Wir stehen also in der Wanderabteilung eines Sport-Ausstatters, begutachten das Sortiment, als ich nicht weit hinter mir eine laute Stimme vernehme:

„Ey, ehrlich. Menschen, bei denen jeder Tag gleich aussieht, können sich auch gleich ins Grab legen!“ höre ich da in einer Lautstärke, so dass alle Kunden und Mitarbeiter diesen Satz zu hören bekommen, ob sie nun wollen oder nicht.

Unverbindlich grüßen

Unverbindlich grüßen!

Geschichten mitten aus dem Leben

 

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by_Stephanie Hofschlaeger_pixelio.de

  Wir sind auf dem Weg zu unserem Feriendomizil in Nordfriesland. Die Autobahn haben wir nun schon hinter uns gelassen und wir sind sozusagen auf der Zielgeraden und fahren gerade über eine Landstraße weiter Richtung Norden. Mein Mann fährt, den Blick auf die Straße gerichtet, und ich betrachte währenddessen immer gern die Landschaft, die während der Fahrt an uns vorüberzieht. Rechts und links der Landstraße befinden sich breite Radwege, dahinter erstreckt sich das typisch flache Land. Ich sehe Windräder, viele Windräder, Bäume, Sträucher, Felder, Weiden, Kühe und Kälbchen in allen farblichen Schattierungen, die diese Spezies so zu bieten hat. Wir kommen an Schafen, Lämmern und Ziegen vorbei. Sie liegen faul im Gras oder fressen genüsslich oder gelangweilt – man weiß es nicht so genau. Manche Lämmer laufen ihren Müttern hinterher auf der Jagd nach Muttermilch. Einfach eine schöne Landschaftsidylle. So darf Urlaub anfangen. Auf der rechten Seite sehe ich einen Feldweg, auf dem sich eine größere Gruppe von Fahrradfahrern nähert. Ich schätze so 10 bis 15 Fahrradfreunde haben sich zu einer schönen Landpartie zusammengetan, um das herrliche Wetter zu nutzen und die Gegend zu erkunden.

Erinnerungen

Erinnerungen an früher!

Geschichten mitten aus dem Leben

 

Es ist Sommer. Der Himmel ist hellblau, die Sonne strahlt und die Luft ist warm. Und das Beste: Es ist Wochenende! Mittagszeit. Viele der Nachbarn sind gerade in Urlaub, daher ist es rings um mich herum schön ruhig. Was gibt es da Schöneres, als in den Garten zu gehen, sich eine Gartenliege zu schnappen und sich genüsslich darauf auszustrecken, die Augen zu schließen und ein bisschen zu dösen. Nichtstun. Ausruhen. Schlafen. Ruhe! Herrlich!

Aber – was ist das – schon nach kurzer Zeit, so kurz vorm Einnicken, höre ich in immer gleichmäßigen Abständen ein monotones Gurren: „Guru – Guru“. Och nö! Muss das jetzt sein? Wie soll man bei dem Krach denn schlafen? Ich öffne die Augen und schaue, woher dieser „Lärm“ denn wohl kommen mag.

Und da. - Auf dem Dachgiebel des angrenzenden Hauses hat sich ein Taubenpärchen niedergelassen und stolziert dort genüsslich auf und ab. Es ist nicht zu übersehen, dass das Taubenmännchen dem Weibchen imponieren möchte und unterstreicht dies immer wieder mit einem sich ständig wiederholenden „Guru – Guru“.

Menno. Geht das nicht leiser? Ich möchte doch schlafen, da brauche ich Ruhe. Ich mag da keine Nebengeräusche. Ich versuche diese Störenfriede zu ignorieren, mache die Augen wieder zu und bemühe mich, an etwas anderes zu denken, um mich nicht weiter darüber zu ärgern. Doch es dauert nicht lange, da höre ich wieder „Guru – Guru“. Hm. Ich könnte jetzt einfach in die Hände klatschen und die beiden Turteltäubchen verscheuchen – das mache ich aber nicht. Stattdessen überlege ich: „Hat mich das eigentlich schon immer gestört? Was soll das? Hat mich sowas früher auch schon geärgert?“

Ich liege so da, die Augen immer noch geschlossen und ich versuche mich zu erinnern und schicke meine Gedanken auf die Reise. Ich atme tief ein und wieder aus. Werde ruhiger. – Guru – Guru. Kurze Pause – und wieder Guru – Guru…

Als Kind habe ich dieses Guru-Guru oft gehört. Ich erinnere mich. Und ich weiß jetzt wieder - ich fand’s toll.

Als ich noch sehr jung war, vielleicht 8 oder 9 Jahre alt, habe ich oft meinen Onkel ein paar Straßen weiter besucht. Er hatte einen großen Garten mit allem, was sich Kinder so wünschen. Es gab dort eine Schaukel, im Sommer einen Swimming-Pool, eine große Wiese zum Toben und Spielen, einen Teich, Gemüsebeete und Obstbäume, 2 Lauben und … Tiere: Hühner, Kaninchen, Katzen – (nicht nur) für Kinder ein Paradies. Es gab immer was zu tun, zu entdecken, zu erleben. Es war nie langweilig. Da wir selbst keinen eigenen Garten hatten, ich aber ein Kaninchen haben wollte, durfte ich es bei meinem Onkel unterbringen. Ich musste aber versprechen, selbst dafür zu sorgen, dass es ihm gutging. Und das habe ich. Von meinem Taschengeld habe ich, statt Bonbons für mich an der Bude zu kaufen, Kaninchenstreu und -Futter gekauft. Natürlich hat das bisschen Taschengeld, das es damals gab, ich glaube, es war eine D-Mark in der Woche, bei Weitem nicht ausgereicht. Aber es gab für eine D-Mark eine Tüte mit Futter im Futterhandel zu kaufen, den es damals noch im Stadtbild gab. Und wie stolz war ich, die Verantwortung für mein Kaninchen zu haben und schon „groß“ und verantwortungsbewusst zu sein. Im Nachhinein betrachtet wird mein Onkel da doch Einiges dazugetan haben, er selbst besaß ja auch einige Kaninchen. Ich befürchte, das hätte sonst nicht funktioniert. Als Kind sieht man ja nicht immer das große Ganze. Aber ich habe mein Versprechen tatsächlich immer eingehalten. Täglich bin ich zu meinem Kaninchen gegangen oder bin mit dem Fahrrad dorthin gefahren. Erst Schule, dann Essen, dann Hausaufgaben, dann ab in den Garten zu meinem Hoppel, der ja auch beschäftigt werden wollte. Dem Onkel bei der Gartenarbeit oder beim Füttern der Tiere helfen usw.

Und ich weiß noch, wie ich den Weg dorthin genossen habe. Ganz alleine. Auf dem Weg zu meinem Onkel musste ich durch eine alte kleine Zechensiedlung. Die kleinen Häuschen dicht an dicht, mittig die schmale Straße, rechts und links gesäumt von kleinen Bürgersteigen und hohen Bäumen. Und niemand weit und breit zu sehen. Und immer wenn ich in diese Straße einbog, die mich meinem Ziel näherbrachte, hörte ich dieses „Guru-Guru“. In den hohen Bäumen saßen immer Tauben. Die Straße strahlte immer eine gewisse Stille und Ruhe aus, nur ein beruhigendes „Guru-Guru“ war stets zu hören. Und ich erinnere mich, wie schön ich das fand, wie ich mich immer wieder auf diese Straße mit diesem „Guru-Guru“ gefreut habe … Das war nämlich „meine“ Zeit. Zeit – für mich ganz alleine.

Ja – ganz offensichtlich – Ruhe fand ich auch schon als Kind toll. Nur die Definition ändert sich halt manchmal.

Ich liege so da auf meiner Liege, ein paar Jahrzehnte später, nun in meinem eigenen Garten. Tut doch gut, sich mal zu erinnern. Ach, schön war die Zeit. Ich lächele. Und das, was mich gerade noch gestört, ja fast schon geärgert hat, verwandelt sich in eine schöne wohltuende Erinnerung.

Das Taubenpaar besucht mich übrigens immer noch regelmäßig in meinem Garten, es scheint in der Nähe zu wohnen, doch anders als zuvor, ärgere ich mich nicht mehr, wenn ich es höre, sondern denke sehr gerne an meine Kindheit zurück.

Anja Drechsler

 

Adressen

Segenskirche
Deutsche Strasse 71
44339 Dortmund

Kinder- und Jugendhaus
(Kemminghausen)
Gretelweg 3
44339 Dortmund 



Öffnungszeiten

Mo, Di, Do 10:00 Uhr - 13:00 Uhr
Tel.: 0231 18 98 090
Mit und Fr 10:00 Uhr - 13:00 Uhr
Nur telefonisch Tel.: 0159 06 26 11 33
oder per E-Mail:
gemeindebuero@evangelische-kirche-eving.de

weitere Infos

Pfarrer:innen

Pfarrerin Monika Holthoff
 Widumer Str. 31
Tel. 80 48 78
 Eine eMail schicken


Pfarrer Rüdiger  Holthoff
 Widumer Str. 31
 Tel. 80 27 59
 Eine eMail schicken

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Ganz einfach: Schicken Sie Pfarrerin Holthoff eine WhatsApp Nachricht unter der Nummer: 0160 29 36 014. Bitte schreiben Sie Ihren Namen und dass Sie an der Aktion „Kontaktlos in Kontakt“ teilnehmen möchten. Dann erhalten Sie eine kurze Rückmeldung und dann regelmäßig Nachricht von uns.

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